Identitätslandschaft Donau

Blockseminar, 30. April - 3. Mai 2015

Flüsse spielen eine wichtige Rolle in der Selbstverortung von Gesellschaften. Als Handelsruten und als Kriegsstraßen sind sie vielfach mit ihrer Ökonomie und ihrer Geschichte verflochten. So auch die Donau. Doch während andere große europäische Flüsse, etwa die Wolga oder der Rhein, oft zu nationalen Landschaften stilisiert wurden, sind die Vorstellungen von der Donau vorwiegend übernational geprägt: ein Fluss, der verschiedene Ethnien, oft sogar verschiedene Imperien miteinander verband oder auch voneinander trennte. Daher diente die Donau nicht nur als eine identitätsstiftende Landschaft verschiedener Gesellschaften und Ethnien, sondern auch als emblematische Landschaft einer Region.

Das Seminar möchte einige für die Identitätsstiftung wichtige Muster und Motive der Donau-Literatur herausarbeiten sowie den Fragen nachgehen, welche Rolle die Donau bei der Herausbildung regionaler wie überregionaler Identitäten spielte und wie sich diese im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts veränderten.

Das Blockseminar findet im malerischen Dorf Kisoroszi statt, das mitten im Strom auf der nördlichsten Spitze der Szentendre-Insel liegt und mit der Außenwelt mit einer Fähre verbunden ist.

Im Rahmen des Blockseminars findet am 30. April 2015 eine Filmpräsentation von Dr. Marian Tutui vom Institut für Kunstgeschichte „G. Oprescu“ in Bukarest statt.

Am 1. Mai veranstalten wir einen literarischen Abend mit dem ungarischen Schriftsteller Gergely Péterfy. In seinem Roman Der ausgestopfte Barbare dient die Donau als Schnittstelle, an der sich Ideale wie Identitäten reflektieren und brechen.

Das Blockseminar ist als Treffpunkt für etwa dreißig Studierende der Germanistik gedacht, die aus Deutschland, Österreich, der Slowakei, Ungarn, der Republik Serbien, Bulgarien und Rumänien stammen.

Blockseminar „Identitätslandschaft Donau“

30.04.-3.05.2015 in Kisoroszi bei Budapest

Dozentinnen:

Dr. habil. Edit Király, Germanistisches Institut der Eötvös Lóránd Universität Budapest

Dr. Olivia Spiridon, Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde, Lehrbeauftragte am Deutschen Seminar der Eberhard Karls Universität Tübingen

Themenübersicht

1. Donau als Band
  • Franz Grillparzer: König Ottokars Glück und Ende
  • Hölderlin: Am Quell der Donau

2. Donaureisen

  • Franz Grillparzer: Tagebücher und Reiseberichte
  • Graf István Széchenyi: Reisetagebuch einer Donaureise
3. Zivilisatorische Schemen
  • Johann Georg Kohl: Die Donau vom Ursprung bis Pesth (Die schwäbische Donau)
  • Andrzej Stasiuk: Fluss der Erinnerung. Aus der Geschichte ins Zeitlose
4. Delta als Realität und als Utopie
  • Oskar Walter Cisek: Der Strom ohne Ende. Roman
  • Mór Jókai: Roman des künftigen Jahrhunderts
5. Postmoderne Identitätsentwürfe
  • Claudio Magris: Donau. Biografie eines Flusses
  • Péter Esterházy: Donau abwärts
6. Grenzen an der Donau
  • Hans Bergel: Dunja, die Herrin. Essay
  • Herta Müller: Der Fuchs war damals schon der Jäger. Roman
  • Franz Hodjak, Klaus Hensel, Richard Wagner (Gedichte)

The Image of the Lower Danube between Propaganda and Authenticity

Filmpräsentation - 30. April 2015
Dr. Marian Ţuţui, Institut für Kunstgeschichte (Bukarest)
The Image of the Lower Danube between Propaganda and Authenticity

Lesung mit dem Schriftsteller Gergely Péterfy aus seinem Roman "Der ausgestopfte Barbar"

1. Mai 2015
In seinem Roman Der ausgestopfte Barbar wird der aus Westafrika stammende sagenumwobene Wiener Hofmann Angelo Soliman mit dem ungarischen Aufklärer Ferenc Kazinczy zusammengeführt. In der von Kazinczys Frau, der schriftstellernden Sophie Török erzählten Geschichte werden verschiedene Lebenswege ineinander gespiegelt. Als Reflexionsfläche dient neben der Donau auch jene Vitrine, in der – siehe Titel – Angelo Solimans menschliche Überreste nach seinem Tod 1796 ausgestellt wurden.

Das Seminar im Rückblick